Friedrich Albert Carl Spaeter begann am 1. April 1850 seine Lehrzeit bei der Colonial-, Glas- und Porzellanhandlung Louis Koch in Weimar. Damals hatte er sicherlich nicht zu träumen gewagt, dass aus diesen ersten kaufmännischen Schritten einmal eine weltweit agierende Firmengruppe entstehen würde, die sich auch im Jahr 2025 noch im Familienbesitz befindet.
Geboren am 11. Oktober 1835 als erstes von sieben Kindern des Webermeisters Heinrich Gottlieb Carl Spaeter und dessen Ehefrau Therese in Stadtsulza (heute: Bad Sulza in Thüringen), war ihm die kaufmännische Laufbahn nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Heinrich Spaeter war Gemeinderat und Obermeister der Weberinnung in Stadtsulza. Dieses gutbürgerliche Elternhaus ermöglichte Carl Spaeter eine fundierte Schulbildung. Sein Onkel Constantin Spaeter unterrichtete ihn unter anderem in Französisch, Geschichte, Literatur und Musik.
Die Lehrstelle in Weimar verdankte Carl Spaeter verwandtschaftlichen Beziehungen. Für die Ausbildung musste sein Vater ein Lehrgeld in Höhe von 400 Talern zahlen. Die Arbeitstage des neuen Lehrlings dauerten häufig vom frühen Morgen bis abends um 22 Uhr. Viermal pro Woche standen zudem zwei Unterrichtsstunden in der Handelsschule auf dem Lehrplan. Nach vier anstrengenden Jahren erhielt Carl Spaeter seinen Lehrbrief, in dem ihm unter anderem Treue, Fleiß und Ordnungsliebe bescheinigt wurden.
Danach fand er beim Landesproduktengeschäft von Caesar Teichmann in Erfurt eine Anstellung als Commis, was heute vergleichbar mit einem kaufmännischen Angestellten ist. Carl Spaeter musste früh Verantwortung übernehmen, da sein Chef häufig auf Geschäftsreise war.
Ende 1856 wechselte der junge Kaufmann dann zur Koblenzer Firma Ludwig Wirth. Carl Spaeter lernte andere Branchen kennen. Die Firma machte ihr Geld mit Kohlenhandel sowie der Spedition und Vertretung mehrerer Schifffahrtsgesellschaften. Schnell erwarb Carl Spaeter das Vertrauen der Inhaber-Familie.
Nach dem Tod von Geschäftsführer Joseph Wirth im November 1859 wurde der damals 24-Jährige zum Teilhaber. Carl Spaeter hatte sich durch seinen Fleiß ausgezeichnet. Das blieb in der regionalen Wirtschaft nicht unbemerkt. Der Hütteninspektor der Königlichen Saynerhütte hielt viel von ihm, ebenso der Direktor der „Société Générale de Manganèse“. So machte sich Carl Spaeter einen Namen.
Carl Spaeter begründete intensive geschäftliche Beziehungen zur im Ruhrgebiet ansässigen Firma Krupp. In der Folge trat der Handel mit Bergwerks- und Hüttenprodukten zunehmend in den Vordergrund. Carl Spaeter knüpfte viele Kontakte zu Geschäftspartnern in ganz Europa.
Zum 1. Januar 1868 übertrug die Witwe Katharina Wirth ihre Anteile auf ihren Sohn Ludwig Wirth jun. In diesem Zusammenhang bekam das Unternehmen einen neuen Namen – und hieß nun „Spaeter & Wirth“. Bergbau und Eisenerzeugung waren fortan neue Geschäftsfelder.
Carl Spaeter übernahm später die Anteile von Ludwig Wirth jun. Der 1. Januar 1875 war rückblickend dann ein bedeutsames Datum in der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Der Mann aus Stadtsulza gründete die nach ihm benannte Firma Carl Spaeter in Koblenz. Am 3. März 1875 ließ er sie mit der Nummer 3204 in das Firmenregister beim Handelsregister Koblenz eingetragen. Es war Beginn einer nun 150-jährigen Unternehmensgeschichte.
Carl Spaeter war zum Zeitpunkt der Übernahme des Unternehmens schon dreifacher Familienvater: Im Oktober 1860 hatte er Meta Emilie Clara Ludewig geheiratet. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Carl Albert Emil (*1862), Friedrich Constantin Max (*1865) und Emma Meta Clara (*1868) hervor.
Carl Spaeter jun. trat nach seiner Ausbildung in das Unternehmen ein und war ab dem 1. April 1891 als potenzieller Nachfolger bereits Teilhaber der Gesellschaft. Nachdem seine Frau Meta im September 1883 verstorben war, heiratete Carl Spaeter sen. im Mai 1890 seine zweite Frau Emma. Im Februar 1892 wurde sein jüngster Sohn Helmuth geboren, der jedoch bereits im November 1918 verstarb.
Carl Spaeter sen. weitete seine geschäftlichen Aktivitäten im Bereich des Eisen- und Hüttenwesens kontinuierlich aus. Die beiden wichtigsten Projekte waren die Veitscher Magnesitwerke in der Steiermark und die Rombacher Hüttenwerke in Lothringen.
Das Magnesitvorkommen hatte Carl Spaeter sen. im Jahre 1881 entdeckt. Er erkannte dessen Bedeutung für die Feuerfest-Industrie und sicherte sich das gesamte Vorkommen. Das Unternehmen wurde 1899 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 1.500 Mitarbeiter.
Noch deutlich größere Dimensionen hatten die Rombacher Hüttenwerke. Nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges im Jahr 1871 sicherte sich Carl Spaeter die Konzessionen für Minettefelder in Lothringen. Am 1. Februar 1890 ging der erste Hochofen in Betrieb, vier Monate später der zweite.
Carl Spaeter machte damals sogar dem Großindustriellen August Thyssen aus Duisburg Konkurrenz. Am 2. Januar 1890 ging in Rombach das Thomas-Stahlwerk in Betrieb. Auf dem Höhepunkt der Leistungsfähigkeit im Jahr 1914 konnte das Unternehmen knapp 2,3 Millionen Tonnen Erz fördern und 750.000 Tonnen Roheisen erzeugen. Carl Spaeter sen. beschäftigte damals insgesamt 7.232 Mitarbeiter.
Neben seinem Sohn Carl jun. war zum 1. Januar 1895 auch sein Schwiegersohn Wilhelm Oswald als Teilhaber in das Unternehmen Carl Spaeter eingetreten. Dieser war maßgeblich am Aufbau der Rombacher Hüttenwerke beteiligt.
Zum 1. Januar 1903 zog sich Carl Spaeter sen. aus dem Unternehmen zurück.
In seinen letzten Lebensjahren machten ihm gesundheitliche Probleme zu schaffen. Carl Spaeter sen. verstarb am 9. Juli 1909.
„Trauernd stehen wir an der Bahre dieses seltenen Mannes, der mit glänzenden Eigenschaften des Geistes Tatkraft, Standfestigkeit, Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit verband, dessen Leben Mühe und Arbeit gewesen ist und dessen Laufbahn voll von Erfolgen war. Aus kleinen Anfängen hatte er sich durch Klugheit und eisernen Willen zum Inhaber eines Weltgeschäftes emporgearbeitet.“