Vor dem großen Krieg: Die Rombacher Hüttenwerke1890 

Herzstück der SPAETER Gruppe um die Jahrhundertwende: Die Rombacher Hüttenwerke

Bereits 1871 sicherte sich Carl Spaeter sen. Erzkonzessionen in Lothringen. Damit bewies der Unternehmer Weitsicht. Anfang des 20. Jahrhunderts zählten die Rombacher Hüttenwerke zu den zehn größten Eisen- und Stahlunternehmen im Deutschen Zollgebiet. Dann beendete der Erste Weltkrieg den steilen Aufstieg.

Carl Spaeter sen. hatte immer ein gutes Gespür für neue Geschäftsfelder. Bereits im Sommer 1871 bewarb er sich erfolgreich um Erzkonzessionen in Lothringen. Frankreich hatte nach dem Kriegsende Gebiete an das siegreiche Deutschland abtreten müssen. Dazu gehörte auch das nördliche Lothringen. 

In den „Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsbiographien“ wird die Leistung des Geschäftsmanns wie folgt beschrieben: „Dies in dem Ausmaß zu betreiben, wie es Spaeter tat, bedeutete unter den damaligen Voraussetzungen Unsinn oder unternehmerische Weitsicht.“ Es war letztendlich Weitsicht.

Erzgrube Pauline, Montois-la-Montagne

Anfänglich hatten die Minette-Vorkommen in Lothringen noch keine große Bedeutung für das Geschäft. Das Erz galt als minderwertig, weil es stark phosphorhaltig war. Deshalb konnte Carl Spaeter die restlichen Anteile zum 1. Januar 1875 von seinem ausscheidenden Mitgesellschafter Ludwig Wirth auch günstig übernehmen. Doch der Wert und die Bedeutung der Vorkommen wuchsen rasant. Im Jahr 1878 erfand der britische Metallurg Sidney Thomas nämlich das nach ihm benannte Thomas-Verfahren: Phosphor wurde zu einem notwendigen Bestandteil des Roheisens. 

Im Juli 1888 gründete Carl Spaeter mit weiteren Geschäftspartnern die Rombacher Hüttenwerke. Ausschlaggebend hierfür waren Patente auf das neue Produktionsverfahren, aber auch verkehrstechnische Probleme aufgrund fehlender Bahnverbindungen und Wasserwege. Deshalb setzte sich Carl Spaeter viele Jahre vehement für die Kanalisierung der Mosel ein.

Gesamtansicht der Rombacher Hüttenwerke (um 1903)

Die Entwicklung schritt rasant voran. Am 1. Februar 1890 nahmen die Hüttenwerke den ersten Hochofen in Betrieb, am 14. Juni folgte der zweite Hochofen. Auch wenn sich die Anfangsjahre noch schwierig gestalteten, lehnten die Eigentümer um Carl Spaeter ein Angebot von August Thyssen ab. Der Industrielle aus dem Ruhrgebiet wollte die Rombacher Hüttenwerke zu zwei Dritteln des Wertes übernehmen. Aber sein Plan scheiterte.

Die großen Erzvorkommen wurden ein finanzieller Eckpfeiler des von Carl Spaeter geführten Unternehmens. Lag die Förderung in den Jahren 1888/1889 noch bei rund 17.000 Tonnen, waren es zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon mehr als 900.000 Tonnen. Die Hüttenwerke expandierten durch Zukäufe. Und so erreichte die Erzförderung in den Jahren 1913/1914 den maximalen Wert von 2.269.000 Tonnen. Dass Carl Spaeter schon früh die Konzessionen für die besten Erzgebiete erworben hatte, zahlte sich aus.

Auch bei der Roheisen- und Stahlerzeugung ging es in großen Schritten voran. Im Jahr 1900 waren schon fünf Hochöfen in Betrieb, zwei weitere bereits im Bau. Am Ende verfügten die Rombacher Hüttenwerke über acht Hochöfen. Hinzu kamen noch vier Hochöfen der im Jahr 1905 übernommenen Moselhütte zu Maizières.

Hochofenanlage der Moselhütte in Maizières

Am 2. Januar 1900 ging auch ein großes Stahlwerk in Betrieb. Dieser Bereich stand ebenfalls für rasantes Wachstum. 1900 produzierte das Unternehmen 67.800 Tonnen Rohstahl, im Folgejahr hatte sich die Zahl verdreifacht. Und für die Jahre 1912/13 wies die Bilanz satte 590.000 Tonnen aus. Allein in den beiden Blockwalzwerken mit ihren sieben Walzstraßen erzeugten die Arbeiter rund 500.000 Tonnen Walzprodukte.

Die Rombacher Hüttenwerke hatten auch eine enorme Bedeutung für die Region. Die Einwohnerzahl von Rombas, so war der französische Name Rombachs, stieg von 1.300 im Jahr 1880 auf 6.247 im Jahr 1910. Die Hüttenwerke beschäftigten in den Jahren 1913 und 1914 mehr als 7.200 Arbeiter. Darunter waren viele Italiener. Die Belegschaft lebte unter anderem in der zum Werk gehörenden Wohnsiedlung „Stahlheim“, die später eine eigenständige Gemeinde wurde. 60 Prozent der Arbeiter waren deutschsprachig.

Rombach, Hüttenstraße (undatierte Ansicht)

Auch an der finanziellen Ausstattung lässt sich die Entwicklung des Unternehmens ablesen. Gestartet mit einem Grundkapital von 3,5 Millionen Mark, lag dieses 1906 schon bei 33 Millionen Mark. Später waren es sogar 50 Millionen Mark. Im Jahr 1913 zählten die Rombacher Hüttenwerke zu den zehn größten Eisen- und Stahlunternehmen im Deutschen Zollgebiet.

Der im Jahr 1909 verstorbene Carl Spaeter sen. hatte die letzten Jahre des Aufstiegs des Unternehmens nicht mehr miterlebt. Die Verantwortung für die Hüttenwerke lag ohnehin seit einigen Jahren in den Händen seines Schwiegersohnes Wilhelm von Oswald. Hierzu hatten ihn insbesondere auch seine Reisen in die Vereinigten Staaten qualifiziert, die ihm wichtige Kenntnisse für den Ausbau des Werkes gebracht hatten.

Der Motor hinter der Entwicklung in Rombach: Wilhelm von Oswald

Probleme gab es allerdings durch die Kohleversorgung. Um diese zu lösen, schloss der Geschäftsmann im April 1914 einen langfristigen Vertrag mit der Concordia Bergbau AG in Oberhausen, die einen Ausbau ihrer Gruben plante. Mit einer Investition von 38 Millionen Mark sicherten sich die Rombacher Hüttenwerke eine stetige Kohleversorgung.

Rombacher Hüttenwerke, Kookerei Zeebrügge

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges fand diese wirtschaftliche Erfolgsgeschichte ein abruptes Ende. Schon im Geschäftsjahr 1914/15 sanken die Erzgewinnung sowie die Roheisen- und Stahlerzeugung auf weniger als die Hälfte des Vorkriegsniveaus. Mit der Niederlage Deutschlands 1918 und dem Rückfall Lothringens an Frankreich war dann das Herzstück der Spaeter-Unternehmungen endgültig verloren.